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Einsamer Norden - bis auf eine Ausnahme

Nach einem ausgiebigen Frühstück in unserer Unterkunft in Bakkagerði kann es los gehen mit dem ersten vollen Reisetag in Island. Unsere Reise geht über den Norden in eine Gegend, in der die Bevölkerungsdichte immer mehr abnimmt, um so näher wir an den 66sten Breitengrat gelangen. Um so mehr erstaunen uns die exzellenten Straßen, teilweise wohl erst in diesem Jahr frisch oder überhaupt zum ersten Mal asphaltiert. Wir sehen den Gebirgszug des Suðurfjöll ohne Wolken am Gipfel und durchfahren das lange und breite Tal des Lagarfljót, ein See und doch ein Fluss zugleich. Ähnlich dem schottischen Loch Ness wird auch hier von einem Seeungeheuer, dem Lagarfljótwurm, erzählt, der in den Tiefen des Sees hausen soll.

 

Wir durchfahren den Nordosten Islands. Die Bevölkerungsdichte beträgt hier ca. 1 Person je Quadratkilometer. Viele Häuser sind dem Verfall preisgegeben. Es lohnt sich wirtschaftlich nicht in jeder Ecke des Landes. Allerdings werden die Highlights der Landschaft touristisch immer mehr aufbereitet und nicht zuletzt Dank Instagram gibt es an den entlegendsten Orten Neugierige aus aller Welt, die den Weg in diese fast unbewohnte Gegend finden.

Der Hotspot heute nennt sich Stuðlagil. Es handelt sich um eine in den sozialen Netzwerken in den letzten Jahren sehr prominent gewordene Schlucht mit einzigartigen Basaltsäulen, durch die ein türkisfarbener Fluss rauscht. Wir wollen das Highlight streng nach einem Wanderführer etwas anders angehen. Wir parken weit vor der Schlucht und überqueren eine Brücke, die Original in New York angefertigt und in Teilen nach Island transportiert wurde. Das war 1908. Wir gehen weiter zu Fuß und werden immer wieder von Fahrzeugen überholt, die den bequemeren, aber kostenpflichtigen Parkplatz viel näher an der Schlucht dem langen Anmarsch vorziehen. Wir fragen uns ein bisschen, warum wir uns die Mühe machen 🤔. Egal, auf die 30 Minuten kommt es auch nicht mehr an. Am Parkplatz riecht es verführerisch nach süßen Waffeln, aber wir sind diszipliniert und laufen streng nach Wandertour-Routenvorschlag und verabschieden uns von all den anderen, indem wir einen höher gelegenen Pfad einschlagen. Ob das die richtige Entscheidung war? Ich fange an, unsicher zu werden. Gefühlt sagen mir meine Beine, wir kommen nie an und mich beschleicht eine Angst, was wäre, wenn der Weg gar nicht mehr offiziell zum Ziel führt. Wir sind ja die einzigen unter den sicher mehr als 100 Besuchern in der Gegend in diesem Augenblick. Aber schlussendlich kommen wir doch ans Ziel und haben auch noch eine weniger turbulente Stelle mit Blick in die Schlucht, zu der sich nicht mehr viele Wanderer aufgemacht haben. Aber, um so näher wir den gewaltigen Basaltsäulen kommen, um so mehr buntes Publikum turnt auf den teils abschüssigen Steinen und Felsen herum. Irrwitzige (verantwortungslose) Väter tragen ihre Kleinkinder über steile und nasse Steinformationen. Wir trauen unseren Augen kaum.

Dennoch ist es ein wunderbarer Anblick, diese Naturschönheit von der Nähe zu betrachten. Aber ein paar Bedenken haben wir dann doch, wenn wir sehen, was die Isländer aus diesem Highlight machen. An mehr als drei Stellen werden zusätzliche Plattformen gebaut, die es noch mehr Menschen ermöglichen werden, einen Tiefblick in die Schlucht zu genießen. Wahrscheinlich wird dann die Seite, von der aus wir an der Schlucht waren, gesperrt, denn die Fußabdrücke der unzähligen Besucher hinterlassen unschöne Spuren in der empfindlichen Natur.

Meine Drohne bekommt nun auch ihren Auslauf und darf durch die Schlucht fliegen. Mulmig wird mir erst, nachdem die Warnungen vor zu starken Winden immer häufiger kommen. Aber für ca. 6 Minuten Filmmaterial hat es gereicht. Frank ist währenddessen in die Schlucht "abgetaucht" und wird beim Durchflug der Drohne zum Videostar in meinem Film 😁.

Auf dem langen Fußweg zurück zu unserem Auto merken wir, dass es doch keine so schlechte Entscheidung war, den langen und mühsamen Weg zu gehen.

Nach einer kurzen Verpflegungspause machen wir uns wieder auf den Weg zurück zur Ringstraße, müssen aber noch wie auch auf dem Hinweg durch die Baustelle, durch die die Schotterpiste in eine 1A-Asphaltstraße umgewandelt wird.

 

Weiter fahren wir nun nach Norden über Orte wie Vopnafjörður und Bakkafjörður mit dem Ziel, bis zum Abend in Þórshöfn zu sein. Hier erwartet uns ein kleines Minihäuschen für die nächste Übernachtung. Es stellt sich heraus, dass es sich um ein wunderbares und komplett ausgestattes Ferienhäuschen handelt. So lässt es sich auch in einer doch sehr einsamen und kargen Landschaft aushalten.

 

Ach ja, wie haben noch ein wahres Raubtier in der einsamen flachen Küstenlandschaft gesehen 😱. Erst dachte ich, wir sehen eine schwarze Katze, aber dann wird uns bewusst, dass es sich nur um einen Polarfuchs handeln konnte. Leider haben wir ihn nur sehr kurz im Gras erspähen können.